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Bewegungsinseln lockern den Schulalltag aufBewegtes Lernen bietet die Möglichkeit, einzelne Sinne vielseitig zu fördern. Entscheidend für den Lernerfolg ist, dass der Unterricht in einem rhythmischen Wechsel von Bewegung und Ruhe abwechslungsreich gestaltet ist.Tipps und Anregungen für Bewegungsmöglichkeiten und Lerninseln im Schulzimmer.Michel Bawidamann |
741 Spiel- und Übungsformen für Vorschule und 1. - 4. Schuljahr | ISBN 3-7780-2211-3 |
814 Spiel- und Übungsformen für das 4. - 6. Schuljahr | ISBN 3-7780-2221-0 |
Kinder sollen sich auch in der Schulstube bewegen können. Unsere Lehrpläne geben Lernziele vor, die teilweise auf die kopflastige Art einfacher zu unterrichten sind. Die bewegte Lernform ist für die Lernenden ökonomischer. Wieso Bewegung und Lernen nicht vernetzen? Neue Lehrpläne setzen Akzente im vernetzten Denken in der Schule. In der Unterrichtspraxis soll sich dies durch vermehrtes fächerübergreifendes Arbeiten und durch ein Angebot an verschiedenen Lernzugängen auswirken.Bewegt lernen ist eine ganzheitliche Form des Lernens und unterstützt die Idee der Rhythmisierung des Unterrichts. Bewegtes Lernen ist eine Ergänzung zum traditionellen Unterricht. Es soll keine eigentliche Lernform sein wie der Frontal-, Gruppen-, Werkstatt- oder Wochenplanunterricht, sondern ist gedacht als mögliche Form für eine abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung.
Einzelne Sinne fördernBewegtes Lernen bietet die Möglichkeit, einzelne Sinne vielseitig zu fördern. Im Sinne eines ganzheitlichen Unterrichtes ist deshalb darauf zu achten, dass beim Lernen in rhythmischem Wechsel möglichst viele Sinne am Lernprozess beteiligt sind, denn: Wer etwas liest, behält davon 10 Prozent. Wer etwas hört, behält davon 20 Prozent. Wer etwas sieht, behält davon 30 Prozent. Wer etwas sieht und hört, behält davon 70 Prozent. Wer etwas selber sagt, behält davon 80 Prozent. Wer aktiv handelt, behält 90 Prozent.
Verschiedene Arten des Bewegten LernensAbwechslung von kognitiver und sensomotorischer Belastung: Durch Abwechslung wird der Ermüdung und Unaufmerksamkeit in einzelnen Bereichen begegnet. Der Körper kann sich durch die Bewegungssituation entspannen, die Durchblutung wird gefördert und das Gehirn vermehrt mit Sauerstoff versorgt. Die Konzentrationsfähigkeit wird erneuert. Gleichzeitige Reizgebung ohne Verknüpfung: Das Kind darf sich bewegen, während es bestimmte Aufgaben löst. Dies kann dem Kind helfen sich neu zu motivieren. Verschiedene Aufgaben sind im Raum oder in anderen Räumen verteilt. Um die Lernziele zu erreichen, kann die Aufgabenstellung mit Bewegungen verknüpft werden. Inhaltliche Verknüpfung: Das Kind erfährt durch die konkrete Handlung in der Bewegungsaufgabe den Sinn und Inhalt der Aufgabe. Das Kind lässt einen Squash-Ball fallen und versucht ihn nach dem Aufprall sofort zu fangen. Es erkennt, nicht jeder Ball springt gleich zurück. Dies ist eine Form des Aktiven Lernens. Geeignetes Material für «Bewegtes Lernen»: Grundsätzlich ist jedes Material aus der Sporthalle und aus dem Alltag geeignet: Springseile, diverse Bälle, Fäden, leere Flaschen, Spielkarten, Luftballons, Spiele, Holzklötze, verschiedene Säcke, Wäscheklammern, Schnüre, Würfel, etc. Es sollte jedoch einen hohen Aufforderungscharakter besitzen und einen abwechslungsreichen Einsatz ermöglichen. Die Jasskarten sind nicht gedacht, um an Ort und Stelle zu spielen. Ein möglicher Einsatz wäre: «Ziehe eine Karte, gehe zur betreffenden Aufgabe und löse sie. Hast du neun Karten gezogen und deren Aufgaben gelöst, kannst du mit anderen Mitschülern und deinen Karten eine Runde spielen.» Meist motiviert das angebotene Material das Kind, sich freiwillig damit auseinander zu setzen und die gestellte (Bewegungs-)Aufgabe zu lösen. Die Auswahl des Materials richtet sich nach dem Entwicklungsstand, den momentanen Bedürfnissen der Kinder und der Zielsetzung des Lernspiels. Es empfiehlt sich aber, nicht mit einer Materialschlacht aufzuwarten. Auflockerung des UnterrichtsBewegtes Lernen lockert den Unterricht auf. Würden Kinder ausschliesslich mit bewegten Formen arbeiten, könnten sie nur schwer wieder zu ihrer Ruhe finden und würden überaktiv. Im Schulunterricht sollte auf einen guten Arbeitsrhythmus geachtet werden, d.h. zwischen Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben sowie zwischen Bewegen und Ruhen angemessen abwechseln, beziehungsweise kombinieren. Ein Raum besteht aus verschiedenen Lernorten. In Zeitintervallen von 15 bis 30 Minuten soll der Lernort gewechselt werden, zum Beispiel vom Arbeitsplatz an die Wandtafel. Die Kinder tragen ihre Stühle nach vorne oder setzen sich auf den Boden. Die Klasse musiziert in der Musikecke oder wechselt das Zimmer in den Musikraum. In einigen Klassenzimmern befindet sich eine Leseecke, in die sich je nach Arbeitsauftrag und Arbeitsstand das Kind zurückziehen kann. Kindergärten sind in der Regel nach diesem Muster aufgebaut, Klassenzimmer weniger. Wieso soll nicht auch eine Gruppe im Korridor, im Treppenhaus oder in der Garderobe arbeiten? Lernen muss nicht immer sitzend geschehen. Der Mensch geht davon aus, dass Sitzen das bequemste sei. Singen kann man auch laufend, hüpfend, stehend. Interessant ist auch zu erfahren, wie liegend gesungen werden kann. Lehrpersonen verteilen Arbeitsblätter oder andere Materialien oft direkt an den Arbeitsplatz des Kindes. Das Arbeitsmaterial kann auch in die Mitte des Schulzimmers auf den Boden gelegt werden und die Klasse muss sich bedienen. So wird ein Lockerungselement eingebaut und der Bewegungsapparat in Betrieb gesetzt. Anfänglich scheint es für die Kinder müssig, die Materialien selbst zu holen. Mit der Zeit wird es aber selbstverständlich. Man soll darauf achten, dass ganz nebenbei Aufträge erteilt werden, bei denen sich Schüler und Schülerinnen strecken und bücken müssen. Und auch der Stuhl muss beim Platzwechsel nicht immer geschoben, er darf auch gehoben werden.
Fantasievolle LernorteMit ein wenig Fantasie kann jedes Lernziel mit einer bewegten Aufgabe erreicht werden. Zahlenreihen üben im Treppenhaus: Kind A hüpft beim Aufsagen der Reihen pro Schritt immer eine Stufe höher, Kind B kontrolliert. Kettenrechnen: Pro richtiges Zwischenresultat darf das Kind eine Stufe höher springen, bei falschem eine Stufe zurück. Ziel ist es die obere Etage zu erreichen. Mit Worten spielen: Rollenspiele oder Pantomime lassen sich im Sprachunterricht leicht einfügen. Wieso nicht eine einfache Textaufgabe spielen? Einen Leseparcours einrichten, Stafettenaufgaben lösen, Wörter auf den Rücken schreiben, an der Wandtafel arbeiten. Dies alles ist Bewegung im Sprachunterricht. Wandtafelaufgaben : Das Arbeiten an der Wandtafel ist für kleinere Kinder immer mit Bewegung verbunden. Sie müssen sich strecken, in die Knie gehen oder den Kopf schwenken. Wenn der Lehrperson die Ideen ausgegangen sind, ist die Aufteilung einer Aufgabe auf verschiedene Lernorte die einfachste Art Bewegung in eine Sequenz zu bringen. Bewegungsinseln einbauenZwischen einzelnen Lektionen oder wenn die Kinder müde oder unachtsam werden, können Bewegungsinseln eingebaut werden. Dazu dienen einfache und bekannte Gesellschaftsspiele, wie zum Beispiel «Peter ruft Paul», «Die verflixte Sieben», «Dirigentenspiel», oder andere. Ideen für Bewegungsspiele: Einen Finger nass machen und ihn als Schnecke einem Kind den Nacken hinunter kriechen lassen. Den eigenen Namen in menschengrossen Buchstaben in die Luft schreiben. Die Bewegungsinseln sollten nicht länger als ungefähr fünf Minuten dauern. So wird die Durchblutung gefördert und das Gehirn neu mit Sauerstoff versorgt. Die Kinder sind wieder bereit für neues Lernen. Diese Ansätze des Lernens und Handelns im Unterricht sind nicht neu. Bereits Pestalozzi forderte das ganzheitliche Unterrichtsprinzip «Kopf, Herz und Hand». Der Unterrichtsalltag sieht aber oft anders aus. Ganzheitliches Lernen, insbesondere Lernen durch Bewegung, ist vielseitiger, eröffnet weitere Zugänge zu Lerninhalten und wird dem Bewegungsbedürfnis der Kinder gerecht. |
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